Thomas Noll
Escola Superior de Música de Catalunya, Barcelona
Welche Art von Wissen ist das, welches in der „dünnen Luft der Abstraktionen“ von Musik mithilfe mathematischer Theoriebildung gewonnen wird? Wenngleich die legendäre Verwunderung der Pythagoräer über die Korrespondenz zwischen rationalen Zahlenverhältnissen und musikalischen Intervallen gern als Geburtsstunde der modernen Wissenschaft gefeiert wird, herrscht über die Beantwortung dieser Frage aus verschiedenen Gründen Uneinigkeit. Unstrittig ist die zunehmend wichtige Rolle der Mathematik als Hilfsdisziplin in der gegenwärtigen transdisziplinären Erforschung von Musik. Unaufgeklärt sind hingegen die Erfüllungsbedingungen für eine mathematische Musiktheorie im engeren Sinne, d.h. für ein Projekt konsequenter Mathematisierung musiktheoretischen Wissens.
Im Vortrag geht es darum, die betreffenden Inhalte nach heutigem Wissenstand im Zusammenhang darzustellen, und zwar einerseits vor dem Hintergrund der traditionellen musiktheoretischen Beschreibungsebenen wie Modalität, Stimmführung, Kontrapunkt, Harmonik, Rhythmus etc. und andererseits hinsichtlich der inner-mathematischen Beziehungen zwischen den einzelnen Ansätzen. Die Musik soll dabei keineswegs nur Gegenstand einer trockenen Abhandlung sein, sondern ein effizientes und zugleich unterhaltsames Medium bei der Illustration einzelner Ideen und Argumente.
Dr. Thomas Noll arbeitet auf dem Gebiet der mathematischen Musiktheorie und ist als Dozent an der Escola Superior de Musica de Catalunya in Barcelona tätig. Von 2006 bis 2012 wirkte er als Mitherausgeber des Journal of Mathematics and Music.
Dieser Vortrag findet im Rahmen der neuen Reihe Musik & Mathematik statt, die sich sich mit den interdisziplinären Ansätzen und Perspektiven zwischen Musik und Mathematik beschäftigt . Die Durchführung und Gestaltung erfolgt gemeinsam mit internationalen Expertinnen und Experten aus den Bereichen Mathematik, Statistik, Computerwissenschaften, Komposition und Musikforschung und eröffnet Einblicke in die aktuellen Forschungen und Entwicklungen in den Grenzbereichen zwischen den Wissenschaftssparten. Die jeweiligen Vorträge sind auch Teil einer disziplinübergreifenden Lehrveranstaltung, in der an den Schnittstellen der Disziplinen jeweils Themen aus dem Forschungsumfeld der eingeladenen Vortragenden diskutiert werden.
Idee und Leitung Reihe „Musik & Mathematik“:
Eine Zusammenarbeit von (Inter)Mediation mit dem Fachbereich Mathematik der Universität Salzburg