IE Wissenschaft und Kunst 2024-28
KULTUREN IM WANDEL
Was passiert an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft? Was passiert, wenn Wissenschaftler*innen und Künstler*innen aufeinandertreffen? Die einzigartige Interuniversitäre Einrichtung Wissenschaft und Kunst, eine Kooperation der Paris Lodron Universität Salzburg und der Universität Mozarteum Salzburg, spürt diesen Fragen in unterschiedlichsten Formaten und Angeboten nach. In der vorsätzlichen Verbindung lokaler und internationaler Perspektiven werden in drei thematischen Programmbereichen und einem Doktoratskolleg gesamtgesellschaftliche Fragen unserer Gegenwart kontextualisiert und in interdisziplinäre Zusammenhänge gebracht.
Ab Oktober 2024 startet Wissenschaft und Kunst in die neue Programmbereichsperiode, die unter dem Titel „Kulturen im Wandel“ steht. Aufbauend auf dem Erfolgskonzept aus gelebter Methodenvielfalt, kritischem Diskurs und aktiver Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen wird sich Wissenschaft und Kunst nochmals weiterentwickeln und wandeln: Ziel der drei Programmbereiche „Figurationen des Übergangs“, „Gesellschaft & Nachhaltigkeit | Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion“ und „InterMediation. Musik – Wirkung – Analyse“ ist es, sich für neue Formen der Kooperation und Formate der Wissensproduktion als auch -vermittlung zu öffnen. Einmal mehr stehen die gemeinsame Gestaltung und Entwicklung im Zentrum von Wissenschaft und Kunst.
Ab sofort finden deshalb bei Wissenschaft und Kunst zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten statt, bei denen Sie sich über diese Öffnung und Transformation informieren und auch ins Gespräch mit den jeweiligen Programmbereichen kommen können.
FIGURATIONEN DES ÜBERGANGS
Der Programmbereich FIGURATIONEN DES ÜBERGANGS thematisiert Zonen und Dynamiken zwischen Leben und Tod, Individuum und Kollektiv, Kunst und Leben. Er widmet sich Gestalten und Gestaltungen des Transitorischen in den Künsten sowie in der kulturellen Imagologie und konturiert Stationen einer Kulturgeschichte des Schöpferischen und der Zerstörung, von Anfang und Ende.
Gesellschaften bilden verschiedene Typen von Figuration aus, um kulturellen und sozialen Wandel zu verstehen, zu befördern, abzuwehren oder zu moderieren: allegorische oder mythische Figuren, Plots, Gattungen, Modelle und Muster, passagere Riten und Rituale, Klassifikationen, Epochenkonstruktionen, regionale Ontologien. Den Künsten und den Wissenschaften (insbesondere, aber keineswegs ausschließlich den Geistes-, Kultur- und Gesellschaftswissenschaften) kommen hierbei entscheidende Funktionen zu: Sie sind selbst Instanzen in diesem Prozess und geben Akteur:innen Mittel der Selbst- und Weltorientierung an die Hand. Insbesondere steht das Verhältnis zwischen Künsten und Wissenschaften selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit. In welchen Konstellationen können Künste und Wissenschaften wieder in ein Verhältnis gesetzt werden, in dem sie einander nicht bloß als Ornament oder als Erklärinstanz begegnen?
Der Programmbereich wendet sich an Wissenschafter:innen und Künstler:innen, die an diesen Fragen und an einer interdisziplinären Zusammenarbeit interessiert sind (aus allen Bereichen der Künste, den Human-, Kultur- und Sozialwissenschaften, den Naturwissenschaften und der Wissenschaftsforschung, -geschichte und -theorie).
Der Programmbereich versucht insbesondere, gemeinsamen Boden für Praktiken und Methoden künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeit zu gewinnen und auch neue Veranstaltungs- sowie Untersuchungsformate zu entwickeln.
Derzeit arbeitet der Programmbereich – neben der ständigen Zusammenarbeit mit dem Doktoratskolleg, der Mitwirkung am Lehrprogramm von W&K (insbesondere einer regelmäßigen Ringvorlesung) und der Veranstaltung von W&K-Foren – in drei Themenfeldern: a) Figuren, Szenarien/Narrative und Ästhetiken des Übergangs; b) Beginnen und Enden: Kulturgeschichten des Schöpferischen; c) Übergänge zwischen Kunst und Leben.
Mit den ab 2020 etablierten Reihen „Wissenschaft und Kunst: Artes“ (zur gemeinsamen Geschichte von Künsten und Wissenschaften), der Gesprächsreihe „Literacies“ (transdisziplinäre Alternativen zum pädagogischen Kompetenzdiskurs) und der Vortragsreihe „Physiologie“ (Visualisierungen physiologischer Konstitutionen und ihre Rolle für die Genese, Transformation und Verbreitung von Wissen entlang von konkreten körperlichen Prozessen) werden neue Zugänge erforscht und vermittelt.
Der Programmbereich führt eine Buchreihe „Figurationen des Übergangs“ (Wien: Sonderzahl) sowie eine begutachtete digitale Schriftenreihe „Figurationen des Übergangs. Schriften zu Wissenschaft und Kunst“ (https://transition.hypotheses.org).
INTERMEDIATION. MUSIK-WIRKUNG-ANALYSE
Der Programmbereich InterMediation beschäftigt sich mit Formen der Vermittlung und Verbreitung von Musik (z.B. an pädagogischen Institutionen und Konzerthäusern, durch Streaming-Plattformen oder im Rahmen zeitgenössischer Musik), der vermittelnden Wirkung durch Musik (etwa im Kontext der Musikwirkungsforschung und Medizin) sowie der Analyse und Synthese von Musik bzw. akustischen Strukturen (beispielsweise unter Verwendung von Methoden aus Mathematik und Statistik bzw. Data Science). Dafür stehen Reihen wie „Sweet Spot. Lounge für Elektroakustische Musik“, „Musik & Medizin“, „Musik & Mathematik“ und „Musik & Medien“ sowie Forschungsprojekte wie „Salzburg Music Map“, „Orte jugendlicher und schulischer Musikkulturen“, „Music Recommender Systems“, „Musikalische Aktivitäten bei Patient*innen mit Parkinson“ oder „Wahrnehmung und Verarbeitung von Musik und Sprache“. Ein interdisziplinäres Leitungsteam arbeitet mit Bezügen zu Mathematik/ DataScience, Musikpädagogik, (systematischer) Musikwissenschaft, Wirtschaftsinformatik, um sich dem Feld der Musikvermittlung empirisch, hermeneutisch und künstlerisch zu nähern. Musik und Medizin beschäftigt sich mit musikalischen Lebenswelten im Kontext der Musikwirkungsforschung. Von Interesse sind insbesondere künstlerische Aktivitäten in der klinischen Praxis bzw. das Wechselspiel von künstlerischen Aktivitäten und mentaler wie physischer Gesundheit. Ferner stehen die Wirkungsmechanismen sowie die Analyse und Kritik der Forschungsmethodik und Interpretation im Fokus. Musik und Mathematik sind zwei Disziplinen, zwischen denen mannigfaltige Beziehungen bestehen, die seit alters her faszinieren. Der gleichnamige Bereich erkundet neue Aspekte dieser Beziehungen und nutzt sie zur Vermittlung von Musik durch Mathematik, aber auch Mathematik durch Musik. Methoden aus Mathematik, Statistik und Data Science bzw. AI werden eingesetzt, um Musik zu generieren, zu analysieren, zu verstehen bzw. zu interpretieren – des Weiteren aber auch, um die Wirkung von Musik zu untersuchen, was in engem Zusammenhang mit anderen Forschungsbereichen steht. Im Bereich Music Recommender Systems beschäftigen wir uns mit Empfehlungsdiensten auf Streaming-Plattformen, die auf Grund des Verhaltens der Benutzer*innen qualifizierte Empfehlungen aussprechen. Besonderes Interesse gilt u.a. den unterschiedlichen Stakeholdern, aber auch der Weiterentwicklung dieser Systeme, um potentiellen negativen sozialen wie ästhetischen Implikationen entgegenzuwirken. Dabei setzen wir einen Fokus auf die Perspektive von Kunstschaffenden. Vermittlung zeitgenössischer Musik beschäftigt sich mit möglichen Ansätzen der Vermittlung neuer und neuster Musik etwa in Form von Workshops, Publikationen sowie der Reihe „Sweet Spot“. Letztere versteht sich dabei als Forum klassischer und aktueller Produktionen elektroakustischer Musik. Im Rahmen der Salzburg Music Map findet eine umfangreiche Datensammlung von musikalischen Praktiken in Salzburg unter Einbindung sozioökonomischer Daten statt, die in Form einer interaktiven Anwendung visualisiert werden. Die Karte stellt die Produktion, Vermittlung und Rezeption verschiedener Musikgenres zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten dar. Sie ermöglicht dadurch vielfältigen soziologischen, musikpädagogischen, musikwissenschaftlichen und ästhetischen Fragestellungen nachzugehen. Der Bereich Orte jugendlicher und schulischer Musikkulturen beschäftigt sich mit der Bedeutung von Musik in der Lebenswelt von Jugendlichen. Durch einen partizipativen Forschungsansatz sollen Jugendliche als Expert*innen und Forschende ihrer eigenen Musikkulturen aktiv eingebunden werden und neue Erkenntnisse an der Schnittstelle zwischen Soziologie und Musikpädagogik gewonnen werden.
GESELLSCHAFT & NACHHALTIGKEIT | ZEITGENÖSSISCHE KUNST UND KULTURPRODUKTION
Die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und deren Auswirkungen – wie etwa soziale Ungleichheit, Demokratie- und Klimakrise, künstliche Intelligenz – erfordern grundlegende und nachhaltige gesellschaftliche Transformationen. Nachhaltigkeit als ein alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche umfassendes Handlungsprinzip und als soziale Praxis setzt ein komplexes Denken und Tun voraus. Um diese Komplexität sowie die Gründe, Ziele und Strategien von Nachhaltigkeit auszuhandeln, ist es notwendig, offene Kommunikationsräume zu schaffen. Zudem ist ein gemeinschaftliches Agieren quer durch unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen im Zusammenwirken mit disziplinübergreifender Forschung, Kunst und Kulturproduktion unabdingbar.
Vor diesem Hintergrund arbeitet der Programmbereich in co-kreativen Prozessen gemeinsam mit Akteur:innen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, künstlerischen und kulturellen Praxisfeldern sowie der Zivilgesellschaft an der transdisziplinären Erforschung und Entwicklung offener Kommunikations-, Bildungs- und Handlungsräume. Durch diese sollen zum einen bestehendes Wissen kritisch reflektiert und neues Wissen zu gesellschaftlich dringlichen Anliegen und einer zukunftsfähigen Transformation ermöglicht werden. Zum anderen sollen Handlungsoptionen für eine nachhaltige Gesellschaft im Sinne der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030 der UN) entworfen werden. Wir versuchen dabei neue Ideen, Handlungsräume und Strategien für kulturelle Nachhaltigkeit in der Verbindung von Theorie und Praxis auszuloten, sowie unterschiedliche kritische und partizipative kulturelle und künstlerische Praxen, die an Alltags- und Lebenswelten orientiert sind. Im Fokus stehen sozial engagierte Kunst und Kulturarbeit, kulturelle Teilhabe und Vermittlung, Demokratie, Diversität und planetare Gerechtigkeit, die als inhaltliche Ankerpunkte für eine sozial-ökologische Transformation sowie für Prozesse von Inklusion und Exklusion besonders relevant sind.
In unserem Verständnis von Kunst und Kulturproduktion als kritischem und gesellschaftlich zu verhandelndem Prozess gehen wir davon aus, dass Kulturen und künstlerische Produktionen auf gesellschaftlicher, sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene disziplinübergreifend und in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft erprobt und gebildet werden können – und damit ein Kulturwandel und ein gesellschaftlicher Wandel im Sinne einer umfassenden kulturellen Nachhaltigkeit angeregt werden können.
Der Programmbereich wendet sich an Künstler:innen, Wissenschafter:innen und Akteur:innen der Zivilgesellschaft, die an einer Zusammenarbeit interessiert sind und Fragestellungen, Ideen und Handlungsoptionen für eine umfassende kulturelle Nachhaltigkeit und eine zukunftsfähige Gesellschaft ausloten und erarbeiten möchten. Der Programmbereich ist offen für (erste oder schon konkretere) Ideen und Überlegungen von interessierten Personen von MOZ und PLUS, die entlang eines gemeinsamen Interesses entwickelt und umgesetzt werden können – seien es Ausstellungen, Projekte, neue Formate und Kooperationen etc.