Nicole Haitzinger, seit 2018 Univ. Prof. phil. am Fachbereich Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft der Universität Salzburg, studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Publizistik und Kommunikationswissenschaften und absolvierte schließlich ihr Dissertationsstudium mit Ausrichtung Theaterwissenschaft an der Universität Wien. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit nahm sie als Dramaturgin und Kuratorin an diversen internationalen Projekten und Theorie-Praxis-Modulen teil. Sie hat die wissenschaftliche Co-Leitung des Universitätslehrgangs „Kuratieren in den szenischen Künsten“ inne und seit 2019 die Leitungsfunktion des vom FWF geförderten Forschungsprojekts Projekts „Border Dancing across Time: The (forgotten) Parisian choreographer Nyota Inyoka, her oeuvre, and questions of choreographing créolité“. Seit Oktober 2019 wissenschaftliche Leitung des interuniversitären und transdisziplinär angelegten Doktoratskollegs „Wissenschaft und Kunst: Die Künste und ihre öffentliche Wirkung“ (Mozarteum und Paris-Lodron Universität Salzburg). Forschungsschwerpunkte: Theorie, Geschichte und Ästhetik der szenischen Künste vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart; Resonanzen des Tragischen: Figur und Chor; Inszenierungs-, Körper-, Bewegungs- und Wirkungskonzepte (in verschiedenen historischen Formationen); Moderne als Plural; Staging Europe; Decolonial thought: Szenische Künste; Kuratieren in den szenischen Künsten.
Zur Ringvorlesung
Seitdem Pygmalion die von ihm gemachte Statue durch sein Begehren mit göttlicher Hilfe verlebendigte, beschäftigen sich die Künste mit der Materialität des menschlichen Körpers zwischen Leben und Tod, Natürlichkeit und Künstlichkeit, Verlebendigung und Animismus. An Pygmalion und insbesondere an Galatea reflektieren sie sich in ihrem Kunststatus und in ihrem mimetischen Programm auch selbst. Pygmalions hypermimetisches Bild ist dabei vielleicht zugleich höchste Herausforderung wie schmählichste Kapitulation gegenüber der schärfsten Konkurrentin der Kunst, der Natur. Die Ringvorlesung verfolgt den Mythos, seine Tradierungen und seine Schichten der (Un-)Sinngebung von der Antike und bis in die Gegenwart. Ausgehend von der Meistererzählung Ovids und verwandter bildhafter Verwandlungen wie die von Narziss oder der Propoetiden geht es um künstlich hergestellte Statuen, die lebende Körper imitieren (die in der imaginativen Sphäre der Literatur oder Kunst selbst künstlich sind).
Die Ringvorlesung fragt nach dem Verhältnis des Körpers als materielles, unbelebtes Artefakt und als lebendiges Subjekt. Die künstlichen Objekte imitieren lebende Körper, sie können gesehen und berührt werden. Die Instrumente ihrer Wahrnehmung sind die Körper der Betrachter. In der Pygmalion-Variante des Typus durchläuft das materielle, unbelebte Körperobjekt eine Metamorphose, die es zu einem lebendigen Körpersubjekt macht, das freilich die Sphäre der künstlerischen Imaginiertheit nicht zu überschreiten vermag. Der Übergang zwischen dem Körper als (materielles) Objekt und als (handelndes) Subjekt ist fließend. Im Rahmen der Ringvorlesung werden Vertreter*innen der verschiedensten kulturwissenschaftlichen Disziplinen diese Spannung von Nachahmung und Beseelung, Imagination und Materialität, Körper und Körperfiktion, nicht zuletzt aber auch die Genderfrage zwischen Schöpfung und Schöpfenden beleuchten.
Zeit / Ort: 22. März bis 21. Juni 2023, jeweils am Mittwoch 11.15 bis 12.45 Uhr, Unipark Nonntal, Erzabt Klotz-Str. 1, HS 3 Georg Eisler (E.003)
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Konzeption, LV-Leitung: Manfred Kern, Romana Sammern
Bildnachweis: Jean-Léon Gérôme (1824–1904): Pygmalion und Galatea, um 1890. Öl/Leinwand, 88,9 × 68,6 cm. The Metropolitan Museum of Art, New York. Foto: The Metropolitan Museum of Art // Foto N. Haitzinger: Berenike Heiter