ÖFFENTLICHE RINGVORLESUNG "Pygmalion". Künstliche Körper und lebende Statuen in den Künsten

Gertrud Koch: Animation - Verlebendigung der und durch Technik

Technik hat einen zweischneidigen Ruf – einerseits soll sie hilfreich sein und unser Leben auf das Angenehmste animieren (s. Unterhaltungselektronik etc.) andererseits fürchten wir, dass sie selbst animiert ist und sich den Erfindern gegenüber selbstständig macht (s. IT mit menschlichen Gefühlen). Diese doppelte Figur der Animation wird im Mittelpunkt des Vortrags stehen und an Hand von filmischen Imaginationen soll dieser doppeldeutige Charakters vorgeführt werden.

Gertrud Koch, Professorin für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin (bis 2020), visiting professor an der Brown University, USA und der Leuphana-Universität in Lüneburg. Zahlreiche Gastprofessuren im In-und Ausland. Forschungsaufenthalte am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen, am Getty Research Center in Los Angeles u.v.a. Monographien: Herbert Marcuse zur Einführung (zus.mit Hauke Brunkhorst), 1987; „Was ich erbeute, sind Bilder“. Zur filmischen Repräsentation der Geschlechterdifferenz, 1988; Die Einstellung ist die Einstellung. Zur visuellen Konstruktion des Judentums, 1992; Siegfried Kracauer zur Einführung, 1996; Breaking Bad, 2015; Die Wiederkehr der Illusion. Film und die Künste, der Gegenwart, 2016; Zwischen Raubtier und Chamäleon. Texte zu Film, Medien, Kunst und Kultur, hg. von Judith Keilbach und Thomas Morsch, 2016. Mitherausgeberin zahlreicher deutscher und internationaler Zeitschriften (October, Constellation,  Philosophy & Social Criticism, Cinema&Cie et al.). Zur Zeit Vorbereitung zu einem Buch über Technoästhetik und Animation.

 

Zur Ringvorlesung

Seitdem Pygmalion die von ihm gemachte Statue durch sein Begehren mit göttlicher Hilfe verlebendigte, beschäftigen sich die Künste mit der Materialität des menschlichen Körpers zwischen Leben und Tod, Natürlichkeit und Künstlichkeit, Verlebendigung und Animismus. An Pygmalion und insbesondere an Galatea reflektieren sie sich in ihrem Kunststatus und in ihrem mimetischen Programm auch selbst. Pygmalions hypermimetisches Bild ist dabei vielleicht zugleich höchste Herausforderung wie schmählichste Kapitulation gegenüber der schärfsten Konkurrentin der Kunst, der Natur. Die Ringvorlesung verfolgt den Mythos, seine Tradierungen und seine Schichten der (Un-)Sinngebung von der Antike und bis in die Gegenwart. Ausgehend von der Meistererzählung Ovids und verwandter bildhafter Verwandlungen wie die von Narziss oder der Propoetiden geht es um künstlich hergestellte Statuen, die lebende Körper imitieren (die in der imaginativen Sphäre der Literatur oder Kunst selbst künstlich sind).

Die Ringvorlesung fragt nach dem Verhältnis des Körpers als materielles, unbelebtes Artefakt und als lebendiges Subjekt. Die künstlichen Objekte imitieren lebende Körper, sie können gesehen und berührt werden. Die Instrumente ihrer Wahrnehmung sind die Körper der Betrachter. In der Pygmalion-Variante des Typus durchläuft das materielle, unbelebte Körperobjekt eine Metamorphose, die es zu einem lebendigen Körpersubjekt macht, das freilich die Sphäre der künstlerischen Imaginiertheit nicht zu überschreiten vermag. Der Übergang zwischen dem Körper als (materielles) Objekt und als (handelndes) Subjekt ist fließend. Im Rahmen der Ringvorlesung werden Vertreter*innen der verschiedensten kulturwissenschaftlichen Disziplinen diese Spannung von Nachahmung und Beseelung, Imagination und Materialität, Körper und Körperfiktion, nicht zuletzt aber auch die Genderfrage zwischen Schöpfung und Schöpfenden beleuchten.

Webex Zugang

https://uni-salzburg.webex.com/uni-salzburg/j.php?MTID=m62750c43e9af568514569869555081d6

 

Zeit / Ort: 22. März bis 21. Juni 2023, jeweils am Mittwoch 11.15 bis 12.45 Uhr, Unipark Nonntal, Erzabt Klotz-Str. 1, HS 3 Georg Eisler (E.003)

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Konzeption, LV-Leitung: Manfred Kern, Romana Sammern

Bildnachweis: Jean-Léon Gérôme (1824–1904): Pygmalion und Galatea, um 1890. Öl/Leinwand, 88,9 × 68,6 cm. The Metropolitan Museum of Art, New York. Foto: The Metropolitan Museum of Art