10. März bis 30. Juni 2021: RINGVORLESUNG "DER TOD UND DAS MÄDCHEN"

Martina Werner (Wien): Genus, Semantik und Geschlecht. Was 'Mädchen' und 'Tod' mit dem grammatischen Geschlecht (nicht) zu tun haben

Das Motiv „Tod und Mädchen“ und dessen unterschiedliche Behandlungen in der Bildenden Kunst, in der Musik und Literatur tangieren die großen existenziellen Fragen von Leben und Tod, Blüte und Verfall, Angst und Hoffnung und laden zu kulturwissenschaftlichen Befragungen ein:

Die Wörter ‚Tod‘ und ‚Mädchen‘ besitzen wie jedes Substantiv im Deutschen ein grammatisches Geschlecht (Genus), welches auch am Artikel ablesbar ist: der Tod (masculinum) und das Mädchen (neutrum). Im öffentlichen Diskurs werden Genus, das grammatische Geschlecht, und Sexus, die sprachliche Dimension für das sogenannte natürliche Geschlecht, häufig gleichgesetzt. Dementsprechend besäße der Tod männliches Geschlecht, während das Mädchen „geschlechtslos“ (lat. ne-utrum ‚keines von beiden‘) wäre. In anderen Sprachen wie etwa dem Französischen hingegen besitzen die Wörter für Tod und Mädchen feminines Genus (la mort bzw. la fille). Das genuslose Englische weist dem Wort für Tod bekanntlich formal kein Geschlecht zu (Death, it often comes quickly), während das Wort für Mädchen mit dem weiblichen Personalpronomen wiederaufgenommen werden kann (The girl is coming. She is smiling.), was wiederum auch im Deutschen möglich ist (Das Mädchen kommt. Sie lächelt.). Der Vortrag beleuchtet das Spannungsfeld von Genus und Sexus vor dem Hintergrund unterschiedlicher Bedeutungstheorien in der Sprachwissenschaft im Spiegel kulturhistorischer Sprachreflexion.

Martina Werner: Studium der Germanistik und Psychologie an der LMU München, 2009 dort Promotion in Germanistischer Linguistik. Postdoc-Stationen in München, Wien und Stuttgart. 2014-2019 Elise-Richter-Projektleiterin des FWF-Forschungsprojekts „Diachrony of the nominalized infinitive in German“ (V-347-G23). 2019 Habilitation an der Universität Wien. 2018-2020 Gastprofessuren in Wien und München. Seit 2019 Projektleiterin des FWF-Forschungsprojektes „Relational Adjectives in the History of German“ (P32415) am Austrian Centre for Digital Humanities & Cultural Heritage (ÖAW).

Forschungsschwerpunkte: Sprachtheorie, Sprachwandel & Sprachgeschichte, Morphologie, (historische) Pragmatik, Genderlinguistik, Musiksemiotik.

 

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Meeting-Kennnummer: 121 561 0584
Passwort: MMxmtmX2m68

 

Konzeption, LV-Leitung: Peter Deutschmann, Manfred Kern

Ort/Zeit: Online via Webex, jeweils am Mittwoch 17:15 bis 18:45h

Bildnachweis: Hans Baldung Grien, Der Tod und die Frau, 1518/20, Kunstmuseum Basel, Quelle: Wikipedia (gemeinfrei)

Studierende können in PlusOnline bzw. MozOnline die Ringvorlesung unter der LV-Nr. 901.343 belegen.