ÖFFENTLICHE RINGVORLESUNG: Gestaltungsdimensionen von Bildung – ästhetisch/praxeologisch

Carlo Brune (Ludwigsburg): Literarästhetische Literalität - Literaturvermittlung im Spannungsfeld von Kompetenzorientierung und Bildungsideal

Der Vortrag widmet sich am Beispiel des Literaturunterrichts der Frage, im Rahmen welcher Voraussetzungen das Bildungspotentials ästhetisch-künstlerischer Fächer erschlossen werden kann. Vorgestellt wird hierzu ein Modell literarischen Lernens, das die Defizite eines rein am Kompetenzparadigma ausgerichteten Literaturunterrichts durch die Etablierung des Konzepts einer literarästhetischen Literalität kompensiert. Dieser Terminus rekurriert auf allgemeindidaktische Multiliteracies-Modelle, wie sie im angloamerikanischen Sprachraum etwa von der New London Group entwickelt wurden, die sich nicht auf den Kompetenzbegriff in der für den schulischen Bildungsdiskurs im deutschen Sprachraum maßgeblichen Fassung von Franz E. Weinert reduzieren lassen. Das kunstphilosophisch wie literaturtheoretisch fundierte Konzept versteht sich als eine Spezifizierung und Konkretisierung eines solchen Multiliteralitätsbegriffs für den Bereich des Literaturunterrichts. Es zielt darauf, Schüler_innen eine kulturelle Partizipation an Literatur und somit an Formen wie Funktionen literarischen Sprachgebrauchs zu verschaffen. Dies schließt Kompetenzen im Sinne Weinerts ein, geht aber an entscheidenden Punkten zugleich hierüber hinaus. So öffnet sich das Modell für genuin ästhetische Bildungsimpulse, weshalb ihm eine Brücken- und Vermittlungsfunktion zwischen dem Kompetenzmodell und dem Bildungsanspruch der Schule zukommt.

Brune, Carlo, geb. 1970 in Duisburg, ist Professor für deutsche Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Nach dem Studium der Germanistik, kath. Theologie und Philosophie an den Universitäten Münster, Bielefeld und Basel wurde er 2002 mit einer Arbeit zu Roland Barthes an der WWU Münster promoviert. Im Anschluss an das Zweite Staatsexamen und eine langjährige Tätigkeit als Gymnasiallehrer habilitierte er sich 2018 mit der Arbeit „Literarästhetische Literalität – Literaturvermittlung im Spannungsfeld von Kompetenzorientierung und Bildungsideal“ an der Leibniz Universität Hannover. Publikations- und Forschungsschwerpunkte bilden die Literatur der Epochenumbrüche 1800 und 1900, Gegenwarts- und Popliteratur sowie die Spezifika literarischer Textrezeption und ihrer Vermittlung.

 

Die Ringvorlesung diskutiert Gestaltungsdimensionen von Bildung. Sie wendet sich insbesondere an alle Lehramtsstudierenden sowie an alle Studierenden und Lehrenden, die an aktuellen disziplinüberschreitenden Gestaltungsfragen von Bildung als Formgebungsprozess interessiert sind. Die hier verhandelten Themen verstehen sich als Beitrag zu einer interdisziplinär angelegten Bildungsforschung. Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Salzburger Bildungslabore, eines Projektes von Universität Salzburg und Pädagogischer Hochschule Salzburg, und des Programmbereichs Figurationen des Übergangs der Interuniversitären Einrichtung Wissenschaft & Kunst zwischen Universität Salzburg und Universität Mozarteum. Beide Einrichtungen operieren jeweils an den Schnittstellen von Universität und Schule sowie Wissenschaft und Kunst.

Alle Studierenden erleben unabhängig von ihrer Disziplin einen Bildungsprozess. In der Ringvorlesung sind deshalb auch die Auswirkungen des hochschulischen Erkenntnisprozesses für die Lehrer*innenausbildung, die hochschulische Ausbildung und die hochschulischen Prozesse insgesamt zu beleuchten. Dazu sollen Vertreter*innen der Bildungs- und Erziehungswissenschaften, der Wissenschaftsforschung und Philosophie, Literaturwissenschaften und Ästhetik, Physik und Sportwissenschaften, Kunstgeschichte und Geschichtswissenschaften sowie der Fachdidaktiken zu Wort und ins Gespräch kommen.

 

Zeit / Ort: 2. März bis 22. Juni 2022, jeweils am Mittwoch 17.00 s.t. bis 18.30 Uhr, Unipark Nonntal, Erzabt Klotz-Str. 1, HS 3 Georg Eisler (E.003)

Konzeption, LV-Leitung: Ulrike Greiner, Werner Michler, Fabio Nagele, Romana Sammern

Bildnachweis: André-Henri Dargelas (1828–1906): Le tour du monde (Ausschnitt). Öl/Leinwand, 46 x 37,5 cm. Privatsammlung.

Impressionen "Gestaltungsdimensionen von Bildung – ästhetisch/praxeologisch: Carlo Brune", 11.5.2022

Fotos: Vivian Nattrodt

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