Impressionen "Artist Talk: Wann wird Avantgarde endlich Kanon?", 28.4.2022

Fotos: Vivian Nattrodt

Margot Pilz und Gertraud Klemm im Gespräch

Wann wird Avantgarde endlich Kanon?

„Kunstforum International“ diskutiert in einer Ausgabe aus dem Jahr 2017 neueste Strömungen in den Künsten unter dem Schlagwort „Die vierte Welle?! Feminismus heute“. Die Beiträger*innen konstatieren angesichts aktueller Entwicklungen und dem medialen Impact von Phänomenen wie der #MeToo-Bewegung: „Der neue Feminismus der Gegenwart gehört zur Popkultur und ist geradezu zum Mainstream für eine jüngere Frauengeneration geworden.“ Was heute, so die These, von der jüngsten Generation als „Popkultur“ rezipiert wird, mussten Künstlerinnen wie Margot Pilz in der österreichischen Kunstszene seit den 1960er und 1970er Jahren unter großen gesellschaftlichen und spezifisch kunstbetrieblichen Repressionen erst erkämpfen. Was heute als Mainstream gilt, gab im letzten Jahrtausend Anlass zur Gründung bis heute wenig und zu spät rezipierter kollektiver feministischer Bewegungen und regte nicht zuletzt die Fotografin, Performancekünstlerin und Pionierin der Medienkunst Margot Pilz zu ihren Arbeiten an. In ihrem Roman „Hippocampus“ geht die Schriftstellerin Gertraud Klemm der problematische Rezeption einer „feministischen Avantgarde“, wie der Begriff für die bildenden Künste von Gabriele Schor geprägt wurde, nach.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Cezanne, She was a Great Painter. Genderdiskurse in Literatur und Performancekunst“ diskutieren die beiden Künstlerinnen über generationelle und mediale Grenzen hinweg Vorstellungen und Ziele feministischer Kunst, Kunstproduktion und deren Voraussetzungen.

Margot Pilz, geboren 1936 in Haarlem (Niederlande), lebt in Wien als Konzept- und Medienkünstlerin. Mit ihren Arbeiten in den Bereichen Fotografie, Video, digitale Skulptur, Performance und Installation gehört Pilz zu den wichtigsten Vertreterinnen feministischer Kunst seit den 1970er Jahren, so etwa mit der Fotoserie „The White Cell“ (1983-85) oder Interventionen im öffentlichen Raum, u.a. „Hausfrauendenkmal“ (1979) oder „Kaorle am Karlsplatz“ (1982). www.margotpilz.at

Gertraud Klemm, geboren 1971 in Wien, Biologiestudium, Gutachterin bei der Stadt Wien, seit 2006 freie Schriftstellerin, zahlreiche Veröffentlichungen. Der Roman „Muttergehäuse“ (2016) seziert die Themen Mutterschaft und Adoption und formuliert eine radikale, tabulose Gesellschaftskritik. Im Klemms letzten Roman „Hippocampus“ (2019) steht die Figur einer 68er-Feministin und die Auseinandersetzung mit den misogynen Mechanismen des Literaturbetriebs im Zentrum. www.gertraudklemm.at

 

Konzeption, Organisation: Magdalena Stieb, Lehrbeauftragte Interuniversitäre Einrichtung Wissenschaft und Kunst, Kunst- und Literaturvermittlerin im Museum der Moderne Salzburg und beim Literaturforum Leselampe

Bildnachweis: Margot Pilz, Surveillance Überwachung, 26-teilige Serie, 1984, Nr. 11 © Margot Pilz