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Extreme Erfahrungen. Grenzen des Erlebens und der Darstellung

In der Kunst und Kultur des 20. und 21. Jahrhunderts spielen Erscheinungsformen des Extremen eine zentrale Rolle. Das 20. Jahrhundert erscheint nicht nur in der Wahrnehmung des Historikers Eric Hobsbawm als das Zeitalter der Extreme. Exemplarisch seien hier nur die Bereiche der Ökologie, Technologie aber auch der Biopolitik und der Religion genannt. Der Begriff des Extremen ist in die kulturelle Matrix dieses Jahrhunderts durch negative Erfahrungen wie Kriege und Katastrophen ebenso eingeschrieben wie in durch positive Entwicklungen wie Erfindungen, Rekorde und Entdeckungen. Unbestritten ist, dass sich die Fragen nach extremen Erfahrungen ebenso wie dem Außerordentlichen heute auf neue Weise stellt. In der Auseinandersetzung mit extremen Erfahrungen, seien sie nun körperlicher, psychischer, gesellschaftlicher oder ästhetischer Art konstituiert sich ein Wissen um die Grenzen des Mach-, Erleb- und Darstellbaren, das künstlerische Artefakte, wissenschaftliche Abhandlungen ebenso wie die Populärkultur durchzieht. Als Manifestation des Ästhetischen reagieren die Künste auf extreme Wahrnehmungen und Erfahrungen und erweitern ihr eigenes Form- und Ausdrucksinventar.


Die Vortragsreihe setzt sich zum Ziel, die rhetorischen und ästhetischen Strategien, narrativen Verfahren und künstlerischen Darstellungsformen zu betrachten, die dazu beitragen, Formen des Extremen verstehbar zu machen, und gleichzeitig möchte sie die Grenzen beschreiben, die die Erscheinungsformen des Extremen markieren. Im Zentrum der Vorträge werden Themen wie (Natur)Katastrophen und Kriege, aber auch extreme Erfahrungen in Sexualität und Religion oder in der Populärkultur stehen.

 

Konzeption: Anja Tippner, Christopher F. Laferl. Beginn: Mittwoch, 09. März 2011 (18.30h, HS 230, Kapitelgasse 4).

 

Programmübersicht

Einladung

Plakat

 

Video "Hollywoods Kriege" von Elisabeth Bronfen

Der Vortrag von Elisabeht Bronfen am 22.6.2011 zeichnet auf, wie Steven Spielbergs Saving Privat Ryan - emblematisch für Hollywoods kinematische re-enactments von Schlachten - sich eines Recyclings vorgängiger Pathosformeln der Kriegsdarstellung bedient.

 

Die ästhetische Rekonzeptualisierung militärischer Konflikte

 

 

Impressionen: Über den Schmerz oder Was verschlägt der Kulturwissenschaft die Sprache

Über den Schmerz oder Was verschlägt der Kulturwissenschaft die Sprache

Mittwoch, 16.3.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 

Was den Schmerz betrifft, gibt es einen aufschlussreichen Richtungskampf, an dem Mediziner, kognitive Psychologen, Literaturwissenschaftler und Soziologen beteiligt sind. Während die Tendenz unter den Kulturwissenschaftlern sich unter der Parole „Auch der Schmerz ist eine kulturelle Konstruktion" zusammenfassen lässt, wird auf der Gegenseite behauptet: „Schmerz lässt sich nicht erzählen, er ist ein sprachresistentes Ereignis". Zwischen diesen Polen ist genug Platz für Differenzierungen. Klar scheint, dass jede Gesellschaft den Schmerz in ihr Weltbild integriert und ihm Sinn zugesprochen hat.
Der Vortrag wird das Problem anhand von zwei Erzählungen vom Ende des 19. Jahrhunderts von Huysmans und Valéry durchspielen, das Phänomen des „Wundstupors" in Ernst Jüngers Kriegstagebüchern und den Reflexionen des Chirurgen Sauerbruch erörtern und mit Schriften von Jean Améry das Problem der Artikulation des Schmerzes unter der Folter aufwerfen.


Helmut Lethen, geb. 1939. Direktor des IFK (Internationales Forschungszentrum für Kulturwissenschaften) in Wien. Studium der Germanistik in Bonn, Amsterdam und Berlin. 1969 Promotion an der FU Berlin und dort Assistent am Germanischen Seminar bis 1976. 1977 bis 1995 Dozent an der Rijksuniversiteit Utrecht, 1995 bis 2004 Professur an der Universität Rostock. Gastprofessuren in Klagenfurt, Chicago, Los Angeles und Bloomington. Publikationen u. a.: Neue Sachlichkeit. Studien zum Weißen Sozialismus (1970), Verhaltenslehren der Kälte (1994, 6. Auflage 2008), Der Sound der Väter (2006), Unheimliche Nachbarschaften (2009).

In extremis - Mystische Erfahrung und das Unsagbare der Moderne

Bernhard Teuber

Mittwoch, 23.3.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 

„Wenn einer Gott geschaut haben will, dann hat er ihn nicht selbst gesehen, sondern etwas von seinen Geschöpfen, die sind und erkannt werden können. Denn er selbst ist über dem Erkennen und über dem Sein." Ausgehend von diesem Wort des Dionysius Areopagita (6. Jh.) lässt sich die Mystik des Mittelalters und der Neuzeit als eine Auseinandersetzung mit der extremen Erfahrung des Nichtseienden und des Unerkennbaren betrachten. Ein solcher Typus von Erfahrung siedelt in extremis, in einem Grenz- oder Schwellenbereich, wo Sein und Nichtsein, Fülle und Leere, Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, Leben und Tod ineinander übergehen und tendenziell ununterscheidbar werden. Bis weit in die Neuzeit hinein wird die unsagbare, undarstellbare, oft erotisch umschriebene unio mystica mit der Gottheit als der mögliche Gipfelpunkt extremer Erfahrung gedeutet. Demgegenüber ist für die Moderne Nietzsches Phantasma vom Gottesmord maßgeblich geworden. Notwendigerweise wird damit fraglich, mit wem sich das Subjekt der Moderne in einer Begegnung der extremen Art überhaupt noch vereinigen könnte. Als Avatar einer klassisch inszenierten unio mystica bietet sich da möglicherweise die erotische oder gar gewalttätige Transgression an, wie sie die Literatur und Kunst der Post/Moderne heimsucht und wie sie beispielsweise von Georges Bataille oder Michel Foucault auch theoretisch konzipiert wurde. Doch wie, wenn sich das erotische Phänomen (Jean-Luc Marion) - obwohl (oder gerade weil) es unablässig zur Rede gestellt wird - nicht als das erfüllte Objekt extremer Erfahrung erweist, sondern als die entleerte Figur des Unsagbaren und Undarstellbaren - als das ‚Gegebensein‘ eines unverfügbar Heiligen, dem sich auch noch die extreme Erfahrung der Modernen immer nur im fiktionalen Modus des Als-ob zu nähern wagt?


Bernhard Teuber, geb. 1954. Professor für Romanische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1975 bis 1982 Studium der Romanischen und Klassischen Philologie in München, Tours und Sala¬manca. 1986 Promotion in Romanischer Philologie in München. 1994 Habilitation in Romanischer Philologie wiederum in München. 1995 bis 2000 Professor für Romanische Philologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 2008 Gastprofessur am Centre d'Études Supérieures de la Renaissance der Université François Rabelais von Tours. Forschungsschwerpunkte: historische Diskursanalyse, Genealogien des abendländischen Subjekts, literarische Anthropologie; karnevaleske Literatur in Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit; mittelalterliche und spanische Mystik; Siglo de Oro; französische Literatur des 17. und 19. Jahrhunderts; hispanoamerikanische Literatur der Kolonialzeit und des 20. Jahrhunderts. Publikationen u. a.: Sprache, Körper, Traum - Zur karnevalesken Tradition in der romanischen Literatur aus früher Neuzeit (1989), Sacrificium litterae - Allegorische Rede und mystische Erfahrung in der Dichtung des hl. Johannes vom Kreuz (2003).

Ökologische Katastrophen durch Klimaveränderung: The revolution will not be televised

Stephen Wickham

Mittwoch, 30.3.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Mit dem Anstieg des anthropogenen Ausstoßes von CO2 stehen wir vor dem größten Klimawandel, den die Menschheit bis jetzt gesehen hat. Dieser Klimawandel wird fast sicher mehrere ökologische Katastrophen verursachen. Aber anders als bei den Umweltkatastrophen, an die wir uns mittlerweile gewöhnt haben (z.B. Ölverschmutzung des Meeres, Abforstung des tropischen Regenwaldes), werden die Geschwindigkeit und Art der neuen ökologischen Katastrophen so sein, dass wir sie nicht als Katastrophen erkennen werden, bevor es zu spät ist. Es werden Beispiele von ökologischen Katastrophen gezeigt, die schon aktuell sind, oder bald aktuell sein werden. Die Frage, die gestellt wird, ist: Können wir Katastrophen ohne dramatische Bilder trotzdem als Katastrophen erkennen?


Stephen Wickham, geb. 1959. Assistenzprofessor am FB Organismische Biologie, Universität Salzburg. 1983-1989 Studium in Toronto und Oklahoma, 1989-92 Forscher am Dartmouth College, USA, 1992-1994 Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Limnologie in Plön, 1994-1997 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Greifswald, 1998 dortselbst Habilitation, 1997-2003 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität zu Köln. Zahlreiche Publikationen zur Meeresbiologie und Ökologie.

Zwischen Leben und Tod: Koma als Grenzfall in Literatur und Film

Ulrike Vedder

Mittwoch, 6.4.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Das Koma ist ein historisch neues Phänomen, das sich einer hochtechnologischen Intensivmedizin verdankt. Im wissenschaftlich-technischen, im philosophisch-bioethischen und im medial-künstlerischen Feld stellt es eine besondere Herausforderung dar: für die Grenzziehungen zwischen Tod und Leben sowie zwischen Bewusstsein und Nichtbewusstsein, aber auch für die Frage einer Sterbekunst zwischen Wissenschaft, Technik und Kultur. Der Vortrag beschäftigt sich vor allem mit der Faszinationsgeschichte, die die Imaginationen rund um das Koma bestimmt und die sich gegenwärtig in einer Vielzahl von literarischen und filmischen Thematisierungen des Komas artikuliert.


Ulrike Vedder ist Professorin für Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart und für Theorien und Methoden literaturwissenschaftlicher Geschlechterforschung am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: Literatur vom 18. bis ins 21. Jahrhundert; Wissenspoetik und Geschlechterforschung; Genealogie und Nachleben; Kulturelle Transformationen von Dingen. Publikationen u. a.: Geschickte Liebe. Zur Mediengeschichte des Liebesdiskurses im Briefroman 'Les Liaisons dangereuses' und in der Gegenwartsliteratur (2002), Das Testament als literarisches Dispositiv im 19. Jahrhundert (2011, im Druck).

Pfählen, Schänden und Entehren: Das mediale Spektakel des gefangenen Mannes

Ralph Poole

Mittwoch, 4.5.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Im Zentrum soll der US-amerikanische Film Midnight Express (1978) stehen, der einen auffällig weißen und erotisierten männlichen Körper (ikonisch der Darsteller Brad Davis) vor dem Hintergrund des maroden türkischen Rechtssystems inszeniert. Die sadistische Folter des Gefangenen steht im Kontext langanhaltender ethno- und homophober Stereotypen vom "terrible Turk" als einem dunklen, rückständigen und vor allem bedrohlichen Orientalen. Die Kontroverse, die dieser Film in beiden Nationen auslöste, wurde durch die jüngsten medialen Repräsentationen zu den Afghanistan- und Irak-Kriegen reaktiviert, besonders durch den türkischen Film Valley of the Wolves Iraq (Kurtlar Vadisi Irak) von 2006, aber auch durch die dokumentarisch angelegten Gefängnisfilme Road to Guantanamo (UK 2006) und Taxi to the Dark Side (USA 2007), die jeweils den amerikanischen Rechtsstaat im Ausnahmezustand an den Pranger stellen. Es stellt sich hierbei die Frage, ob in der anhaltenden Darstellung von Gewalt, Terror und Folter in totalen Institutionen die jeweiligen Kulturstereotypen sich fortschreiben oder aber verändert und korrigiert werden.


Ralph J. Poole ist Professor für Amerikanistische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Salzburg. Zuvor unterrichtete er als Associate Professor of English an der Fatih University in Istanbul, als Privatdozent an der Universität München und als Visiting Scholar am Center for Advanced Studies in Theater Arts der City University in New York. Forschungsschwerpunkte: Film, Fernsehen und Theater, Gender/Queer Studies, Interkulturalität und Populärkultur. Publikationen u. a.: Kannibalische (P)Akte: Satirische und autoethnographische Schreibweisen als interkulturelle Verhandlung von Herman Melville bis Marianne Wiggins (2005); Performing Bodies: Überschreitungen der Geschlechtergrenzen im Theater der Avantgarde (1996).

Reality TV gestern und heute. Grenzüberschreitungen in der Erlebniskultur

Kornelia Hahn

Mittwoch, 11.5.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


In der modernen Kultur hat sich die Trennung zwischen einer Privat- und einer Öffentlichkeitssphäre als wesentlicher Gestaltungsaspekt des sozialen Lebens herausgebildet. Die Aufmerksamkeit in Formaten des sog. Reality TV ergibt sich oft daraus, dass es zu einer (scheinbaren) Grenzüberschreitung kommt, indem bisher als „privat" behandelte Interaktionen einem großen Publikum durch mediale Veröffentlichung bekannt gemacht werden. Einerseits lässt sich die Frage stellen, wie „extrem" dieses Erlebnis - für das Publikum und für die Darsteller - ist. Andererseits wird aus der Perspektive von „Erlebniskulturen" deutlich, dass als solche empfundene Erlebnisse bestimmte Grenzen der alltäglichen Darstellung und Erfahrung überschreiten sollen. Diesen Aspekten wird in der Vorlesung durch den Vergleich zweier amerikanischer Fernsehprogramme nachgegangen, in denen „das Privatleben" veröffentlicht wird: The Adventures of Ozzie and Harriet (1952) und The Osbournes (2002). Die beiden Shows werden als für ihre Zeit und Kultur jeweils in typischer Weise realisierte, kommerziell nutzbare Repräsentation von „Familienleben" im Fernsehrahmen begriffen. Der Vergleich ergibt, dass sich im historischen Verlauf der Entwicklung von Reality TV weniger Grenzüberschreitungen im Erleben zeigen, als vielmehr Grenzüberschreitungen in der ästhetischen Darstellung.
Kornelia Hahn ist Professorin für Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie am Fachbereich für Politikwissenschaft und Soziologie, Abt. Soziologie und Kulturwissenschaft. Forschungsschwerpunkte: Spannungsverhältnis zwischen individualisierender Kultur und sozialer Ordnung in der Moderne. Ihre Veröffentlichungen hierzu beziehen sich auf Theorien und Phänomene der sozialen Kontrolle, intimer Beziehungen, Körperrepräsentationen und das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit. Eine aktuelle, zum Vorlesungsthema einschlägige, Monographie trägt den Titel: Ent-fernte Kommunikation. Zur Soziologie fortgeschrittener Medienkulturen (2009).

Das Extreme sehen: Aspekte der Bild-Berichterstattung

Jörg Trempler

Mittwoch, 25.5.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Nachrichten von extremen Ereignissen wurden seit der Frühen Neuzeit in ganz Europa in Wort und Bild verbreitet. In diesen Flugblättern liegt die historische Wurzel der heutigen Nachrichtenbilder. Mit dem Begriff des delightful horror kam im 18. Jahrhundert zu diesen abschreckenden Meldungen eine ästhetische Dimension hinzu, die paradoxerweise ihren Reiz beschreibt. Hier zeigt sich das bis heute gültige Verhältnis von Anziehung und Abschreckung extremer Darstellung, das schon Kant diskutierte. So begrüßt der Philosoph die Darstellung von schrecklichen Ereignissen und meint sogar die Bildthemen seien, je schrecklicher, desto besser, vorausgesetzt man befinde sich in Sicherheit. Dieses Verhältnis von Sicherheit und Schrecken soll in dem Vortrag vor dem historischen Hintergrund anhand von aktuellen Nachrichtenbildern diskutiert werden.
Jörg Trempler, geb. 1970. Derzeit Lehrstuhlvertretung für Kunstgeschichte an der Universität Jena. Studium der Kunstgeschichte, Deutschen Literatur- und Sprachwissenschaft in Passau, Erlangen und Amsterdam. Promotion 1998 mit einer Dissertation zum Wandbildprogramm am Alten Museum in Berlin von Karl Friedrich Schinkel. 2005-2007 Leitung des Forschungsprojektes "Katastrophen als ikonisches Erkenntnismodell" der Fritz-Thyssen-Stiftung. 2007-2008 Stipendiat am Max-Planck-Institut in Florenz. Ab 2008 Mitglied der DFG Kolleg-Forschergruppe "Bildakt und Verkörperung" an der Humboldt Universität zu Berlin. Dort 2010 die Ernennung zum Privatdozenten.

Fieldnotes from Catastrophe: Social Vulnerability and the Sociology of Disaster

Emmanuel David

Mittwoch, 8.6.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Im visuellen Theater der "verkehrten Welt" verstellen die Mainstream-Medien oftmals die Realität von Katastrophen. In Bild- und Printnachrichten wird oftmals die Vorstellung transportiert, dass alle sozialen Schichten von Katastrophen gleichmäßig betroffen wären, wodurch zugleich auch der Mythos, dass Ausnahmezustände unsoziales Verhalten befördern würden, bestätigt wird. Der Vortrag wird an die neuesten Forschungen der Katastrophensoziologie anschließen, wie sie nach dem Hurrikan Katrina in New Orleans, geleistet wurden, und wird die sozialen Konsequenzen von Naturkatastrophen untersuchen wie auch die gängigen disaster myths kritisch hinterfragen.
Emmanuel David, Assistenzprofessor für Soziologie an der Villanova University. Studium der Soziologie und Kommunikationswissenschaften an der Loyola University in New Orleans, und Women and Gender Studies an der University of Colorado at Boulder, wo er 2009 mit einer Arbeit über die Gender-, Ethnizität- Sozialfaktoren in der Bewältigung der Folgen des Hurrikans Katrina promoviert wurde. Publikationen u. a.: The Women of Katrina: The Gendered Dimensions of Disaster (mit Elaine Enarson, 2011), Aufsätze über Gender, Ethnizität und Sexualität.

Von der Grenzerfahrung zum Widerstand: Gouvernementalität und Kunst bei Foucault

Patrick Greaney

Mittwoch, 15.6.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


In seinen frühen Aufsätzen untersucht Foucault "die Grenze, die die Sprache anspricht und gegen die sie stößt". Seine Lektüren von Bataille, Klossowski, Blanchot und Hölderlin zielen auf die Erfahrung und Überschreitung dieser Grenze. Wenn er sich in seinen letzten Werken der Antike zuwendet und seine Philosophie der Gouvernementalität entwickelt, könnte man denken, dass sein frühes Interesse an der Transgression - und an der Literatur und der Kunst - ganz verschwunden sei. Was bleibt von der Transgression in den asketischen Experimenten der Antike und der Gegenwart, die der späte Foucault untersucht? Und was kann die Ästhetik durch Foucaults Texten zur Gouvernementalität gewinnen?


Patrick Greaney, Associate Professor am Department of Germanic and Slavic Languages and Literatures der University of Colorado at Boulder. Studium der Germanistik und Komparatistik an den Universitäten Yale und Johns Hopkins. Forschungsschwerpunkte: Österreichische und deutsche Literatur und Kultur, v. a. das 20. Jahrhunderts, wie Rainer Werner Fassbinder, Ilse Aichinger oder Heimrad Bäcker und Literatur- und Kulturtheorie. Publikationen u. a.: Untimely Beggar: Poverty and Power from Baudelaire to Benjamin (2008). Übersetzung von Heimrad Bäcker's Nachschrift (2010).

Hollywoods Kriege: Die ästhetische Rekonzeptualisierung militärischer Konflikte

Elisabeth Bronfen

Mittwoch, 22.6.2011, 18.30h, Kapitelgasse 4-6, HS 230

 


Der Vortrag zeichnet auf, wie Steven Spielbergs Saving Privat Ryan - emblematisch für Hollywoods kinematische re-enactments von Schlachten - sich eines Recyclings vorgängiger Pathosformeln der Kriegsdarstellung bedient. Die These lautet: Über die ästhetische Refiguration lässt sich das Undarstellbare des Krieges begreifbar machen, eben weil der gespeicherte Affekt uns ergreift. Die Verschränkung verschiedener direkter und indirekter Bildzitate ergibt einen Denkraum, in dem über die nationale Erfahrung einer traumatischen Geschichte als individuellen rite de passage nachgedacht werden kann.
Elisabeth Bronfen, geb. 1958. Professorin am Englischen Seminar der Universität Zürich. Studium der Germanistik, Anglistik und Komparatistik am Radcliffe College und in Harvard, danach Promotion und Habilitation an der Universität München. Publikationen u. a.: Nur über ihre Leiche. Tod, Weiblichkeit und Ästhetik (1993), Das Verknotete Subjekt. Das Unbehagen in der Hysterie (1998), Tiefer als der Tag gedacht. Eine Kulturgeschichte der Nacht (2008).