Josseline Engeler

Die Pandemie als Ideenpool

Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 sah ich mich vor die Herausforderung gestellt, meine bis dahin geplanten künstlerischen Projekte im öffentlichen Raum auf unbestimmte Zeit nur schwer oder unmöglich durchführen zu können. Nach einiger Überlegung beschloss ich daher, auf das Schaffen von keramischen Objekten in meinem Atelier auszuweichen. Ich habe zwar Kunst mit Schwerpunkt Keramik studiert und unterrichte seit ein paar Jahren in diesem Fachgebiet, doch stand der Werkstoff im eigenen Schaffen nur dann im Mittelpunkt, wenn er sich konzeptuell gut in die Grundidee einer meist ortsbezogenen Arbeit einfügte. Nun drehte ich den Spieß also um. Am Anfang stand das Material. Dadurch, dass sich mein Atelier in meinem Wohnhaus befindet, schien mir dies auch in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen ein gangbarer Weg zu sein. Die Dimensionen der Pandemie waren zwar noch für niemanden abzusehen, aber ich wollte – und sei es auch nur für kurze Zeit – nicht notgedrungen die Hände in den Schoß legen müssen. Und da es die Umstände der Covid-Pandemie waren, die mich an den Ateliertisch und zum Material als Ausgangspunkt gebracht hatten, fiel mir die Themenfindung auch sehr leicht. Corona war und ist allgegenwärtig. Der lautmalerische Name des Virus und seine diesem zugrunde liegende ästhetisch und geometrisch äußerst interessante Form schienen mir von Anfang an in einem reizvollen Gegensatz zu den von ihm ausgehenden Einschränkungen und Gefahren für das menschliche Leben – aber auch zu der „Unordnung“, die es überall verursachte – zu stehen.

Diesen Gegensatz als Stilmittel plakativ zu erhöhen und stellvertretend für eine ganze Palette von Widersprüchen, Konflikten und Absurditäten im Zusammenhang mit der Entstehung und Bekämpfung von Covid-19 sprechen zu lassen, bildete dann in Folge auch die Grundlage des künstlerischen Konzeptes meiner Arbeiten. So entstand im März 2020 die rechts beschriebene Arbeit The Crown of Creation: Ein Mixed-Media-Objekt aus gebrannter und glasierter Keramik in Kombination mit Textilien. Sie war in der Ausstellung Kultur braucht Kunst von Juni bis September 2020 im Schlossmuseum in Linz zu sehen und ist nun noch bis ins Jahr 2022 Teil der historischen Ausstellung Seuchen gehören ins Museum im Hainfeldmuseum in Niederösterreich, die hoffentlich bald wieder ihre Türen öffnen darf.

Die im Dezember 2020 entstandene Serie Happy Covidmess 2020 befasst sich ebenfalls mithilfe einer Prise schwarzen Humors mit der Allgegenwärtigkeit des Virus und den Eingriffen in persönliche Lebensbereiche, die durch die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung entstehen und unseren Alltag bestimmen. Im übertragenen Sinne hing Corona sowieso schon in vielen Weihnachtsbäumen des vergangenen Jahres. Mit dieser etwas albern-anzüglichen, aber ästhetisch ansprechenden „Christbaumkugel“ konnte ich diese Empfindung vieler visualisieren, ihr aber auch ein wenig die Schwere nehmen.

Die keramischen Objekte dieser Serie sind nach wie vor erhältlich über den Webshop meiner Homepage und weitere Arbeiten zu diesem Thema werden folgen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei.

 

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© Josseline Engeler

Josseline Engeler ist freischaffende Künstlerin und Lektorin an der Kunstuniversität Linz.
www.josselineengeler.com
www.noahgalactica.at